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Aus „DARINA“

KAPITEL 1
DR. CHRISTIAN UND SEINE GESELLSCHAFT

Tania Schellhorn

web

Ich widme dieses Buch allen PuppenspielerInnen

Um Mitternacht öffnen sich die Himmel und geben die himmlischen Geheimnisse preis! Die Stille verschluckt den Lärm des Tages und gibt den menschlichen Sinnen Ruhe. Etwas Geheimnisvolles umgibt den Raum, die Schatten werden lebendig und nehmen wunderliche Formen und Konturen an. Der geheimnisvolle Mondschein senkt sich von dem mit unzähligen Sternen bedeckten Himmelsgewölbe und streichelt zart die schlummernden Häuser. Seine Strahlen schleichen sich leicht durch den Spalt der halb geschlossenen Vorhänge und lächeln die Kinder in ihrem Schlaf an. Der Mondschein fährt über die geballten Fäustchen, die ihn festhalten zu wollen scheinen, und setzt seine geheimnisvollen Nachtbesuche fort. So viel menschliche Dramen auf der Welt gesehen und miterlebt, kann der alte Mond nie seine Neugier zähmen, wenn er Licht in den stillen Fenstern sieht. Wer wacht noch zu dieser späten Stunde? Ist Kummer oder Freude der Grund für dieses nächtliche Leben? Wird das Haus von einem einsamen Menschen oder von zwei verliebten, eins gewordenen Seelen bewohnt? Sein Gesicht wird immer runder vor Ungeduld, das Geheimnis der hinter dem Vorhang flimmernden Lichter zu erraten. Mit seinen Strahlen durchleuchtet er den Raum und... erstarrt verwundert. So etwas hat er noch nie in einem Menschenhaus gesehen! Der Mond streckt sein Gesicht ins Innere des Zimmers, die Hälfte seiner Strahlen taucht im dunklen Halbkreis unter, die anderen vereinigen sich wie in einem großen scharf beobachtenden Auge. So verwandelt, ist er ganz von dem wunderlichen nächtlichen Spektakel gefesselt!

Auf einem kleinen Glastischchen brannte eine dicke Kerze mit smaragdgrüner Farbe, die in das Violettblau des Kerzenleuchters darunter überging. Das spielende Flämmchen hat sich tief nach unten gesenkt und zitterte im durchsichtigen Inneren, wobei es die Wände mit seinem silbernen Schimmer übergoss. In einem schwarzen Ledersessel war die Gestalt einer Frau zu sehen mit halb geöffneten Augen und herabhängenden Armen und Kopf. Ihre Beine lagen auf einem Hocker mit dem gleichen schwarzen Lederpolster. Sie selbst trug eine schwarze Samthose und eine langärmlige schwarze Bluse aus Baumwolle. An den Händen hatte sie Handschuhe mit halb geschnittenen Fingern. Die dunklen zerzausten Haare quollen unter einer schwarzen samtenen Kapuze hervor, die etwas heruntergeglitten war, jedoch genug Schatten auf ihr Gesicht warf. Die schwarze Farbe sog sie so auf, dass sie fast unsichtbar war. Es war nicht zu erkennen, ob sie schlief oder in ihr Innenleben versunken war, denn sie merkte nicht einmal auf, was um sie herum vorging ... und es sah dabei so merkwürdig aus!... Seit wann saß sie so unbeweglich wie für eine Filmaufnahme? An der Höhe der abgebrannten Kerze konnte man erraten, dass eine ziemlich lange Zeit vergangen war - lange bevor der Mond hereinschaute!

Draußen lag tiefer Schnee und dessen unbeflecktes Weiß bedeckte das Grau des Lebens. Dieses allen bekannte und von allen geliebte Winterbild: Es dämmert, die Schneeflocken stieben unter den Straßenlaternen auf, die Schaufenster leuchten verführerisch, die Leute, ihrem Alltag ganz hingegeben, eilen ihres Weges, der Abend senkt sich ziemlich früh auf die Erde und die Straßen werden leer. Die lange Winternacht zieht alle Register auf und liebkost mit der Melodie ihrer Klänge die menschlichen Herzen. So eine vielfältige und unermessliche Welt! Mögen die Seelendramen einander ähneln, sie unterscheiden sich jedoch ihrem Wesen nach - jedes von ihnen pulsiert mit seinem eigenen Rhythmus!

Zarter Mondschein fiel durch den Spalt der Jalousien, durchdrang den weißen durchsichtigen Vorhang und berührte das leuchtende Flämmchen. Es erzitterte leicht, hob sich und begann neckisch auf diese Eisbahn aus Licht zu klettern. Hinter ihm glitten auch die blau-grün smaragdenen Farben des Kerzenständers und der dicken Kerze und rollten über das ganze Zimmer wie sich jagende Wellen. Auf diesem märchenhaft-realen Hintergrund schienen die sich bewegenden Gestalten noch wunderlicher und faszinierender!

„Wo ist mein Kostüm? Meinen Bauch kann ich auch nicht finden! Und ohne dieses Zubehör bin ich nicht das, was ich immer gewesen!“ Der große lächelnde Kopf bewegte sich über ein Paar weiße Handschuhe und weiße Schuhe, die hastig in allen Richtungen gestikulierten. „Ich habe es satt zerfetzt zu werden und kein Gefühl zu haben wer oder genauer was ich bin?! Ich möchte nicht im Schaufenster wie ein Schmuckstück stehen! Ich will mich bewegen... tanzen... übermütig sein... meine Ballons küssen... Und? Wo sind meine Ballons? Sie sind mein unentbehrliches Zubehör! Nein! Nein! Nein! Ich will kein Souvenir mehr sein! Hier ist mein Kopf, jetzt muss ich meinen Körper finden und dann gehe ich weg von hier!“

„Ach, Mister Tallyman, helfen Sie mir bitte mich von Ihrem Bauch zu befreien! Er drückt so auf meinen Hüften. Hans stört er auch noch!“

Vom Korridor erklang ein nervöses Geknister, dann hörte es sich so an, als würde ein Stoff zerrissen, ein klemmender Reißverschluss knarrte und im Nu flog eine Schaumstofffigur über den sich hin und her bewegenden Kopf.

„Mein Bauch!“, rief Mister Tallyman aus und beide weiße Handschuhe erhaschten das fliegende Detail seines Körpers. „Endlich beginne ich Gestalt anzunehmen...“ , sah er sich um, indem er langsam seine Hosenträger über beide Schultern streifte. „Aber Berta, was zum Teufel sucht mein reizendes‚Volumen‘ bei dir? Hast du etwa beschlossen deinen Hans umzugestalten?“, und die ganze Figur schüttelte sich vor Lachen.

In diesem Moment tauchten zwei umschlungene, sich im Rhythmus des Walzers drehende Schatten aus dem dunklen Korridor auf und stellten sich vor Mister Tallyman. Dies waren die unzertrennlichen Berta und Hans, die immer so einhergingen - einer neben dem anderen!

„Du hättest etwas höflicher sein können, Mister Tallyman!“, schüttelte Berta ihre schwarzen Locken und landete mit einem leichten Sprung vor Hans. Er hob sie dezent, drehte sich um 180 Grad und setzte sie wieder auf den Boden. „Wir haben so lange dein Zubehör in unserer Schachtel aufbewahrt! Ich weiß, dass du ohne es deinen Reiz verlieren würdest, nicht wahr? Und was Hans betrifft, so soll er bleiben, wie er ist!“, sah sie zärtlich ihren Mann an und drehte sich neckisch um ihn herum. Er sagte kein Wort, hob sie wieder und machte diesmal mit seiner wertvollen Last zwei Schritte vor- und rückwärts.

„O, verzeiht beide“, verbeugte sich Mister Tallyman. „Ich scherzte nur so aus Freude, ich bin euch doch so dankbar! Berta, weißt du zufällig, wo mein Kostüm steckt... jenes glänzende... neue...“, begann er sich verlegen umzuschauen, denn er bemerkte erst jetzt, dass er nackt war.

„Selbstverständlich weiß ich es!“, sagte Berta resolut, da sie eine große Lebenserfahrung gesammelt hatte, sogar während der in der Schachtel aus Zeltleinwand verbrachten Zeit. „In der kleinen Kammer neben dem großen Boiler! Wo sich Harry gerade anzieht!“

„Wer ruft nach mir?“, erklang eine heisere Stimme. „Ich bin noch nicht fertig...“, zeigte sich aus dem Korridor ein Mulatte, der mit großer Sorgfalt seine riesengroße phosphoreszierende Fliege umband.

„O, Harry, keiner ruft nach dir, ich sprach nur deinen Namen aus!“, drehte sich im Nu die dicke Berta und Hans strengte wieder seine schmalen Schultern an. „Warum hast du aber diese schwarze Hose angezogen? Sie ist nur für die Probe! Deine, die gestreifte, ist in Manuels Korb!“

„Sehr merkwürdig! Berta, wie kannst du nur alles wissen, da du so lange nicht aus der Schachtel herausgekommen bist?“, riss Harry seine grellgrünen Augen weit auf.

„Ich habe mein Guckloch!“, lachte die dicke Schöne und flatterte anmutig mit ihrem bunten Kleid und den Spitzen darunter. „Genau hinter Hans’ Rücken gibt es ein Loch in der Zeltleinwand - es ist so bequem: Ich liege und beobachte gleichzeitig alles! Zu meinem Glück war die Schachtel die ganze Zeit auf dem höchsten Platz im Korridor und immer mit dem Loch nach außen! So habe ich mich nie gelangweilt, während Hans ununterbrochen schlief“, lachte sie fröhlich und klopfte ihrem Mann freundlich auf die Schulter. Er strengte seine Muskeln an und trug mit Tanzschritten, ohne ein Wort zu sagen, seine bessere Hälfte davon. Harry und Mister Tallyman gingen ihre Toilette beenden.

 

* * *

Wie viel Zeit vergangen war, konnte der Mond nicht wissen; er mochte sich noch so sehr beherrschen, es gelang ihm nicht die Drehung um seine Achse zu verhindern. Auf diese Weise hatte er sich allmählich zur Seite geschoben und jetzt konnte er kaum etwas durch das Fenster sehen. In diesem Augenblick erblickte er ein anderes Licht und begriff, dass es aus derselben Wohnung aber aus dem gegenüberliegenden Zimmer kam. Jetzt drehte er sich voller Freude und stellte sich gerade über das andere Fenster. Die Jalousien waren leicht nach unten gesenkt und dies bot die herrliche Gelegenheit auf die ganze Einrichtung herabzublicken. Das große Bett verriet, dass dies das Schlafzimmer war, der Raum hatte aber auch andere Funktionen: Der kleine Schreibtisch in der Ecke, der mit Zettelchen in verschiedenen Farben, Bleistiften, Disketten, Fotos... und weiß der Himmel was noch, überladen war!; der „gehörnte“ schwarze Kleiderständer mit den daran hängenden wunderlichen Kleidern; die Pappschachteln, aus denen seltsame Dinge hervorguckten, zeigten, dass hier ein Sonderling oder... ein Schauspieler wohnte!... Dies war jetzt aber nicht so wichtig, da das Wunder, dessen Zeuge der Mond war, jede menschliche Fantasie übertraf. Im Inneren bewegten sich und sprachen lebendige Wesen, die in Wirklichkeit PUPPEN!!! waren...

 

* * *

„Lucien, endlich sehen wir uns wieder! Wo stecktest du all die Zeit?“

„Frag mich nicht, Susanne, meine Liebe! Ach, frag mich nicht! Gut, dass ich gelenkig bin, sonst wäre ich völlig verunstaltet. Wo war ich nicht überall: in Schachteln, Schränken, ich steckte sogar einmal in einer Schublade... ich war überall, nur nicht dort, wo mein Platz ist - auf der Bühne!... mit dir, meine Treue! Tanzen, so dass die Leute ihre Freude an uns haben - weißt du es noch?“

„Ich hab nie aufgehört über diesen wunderschönen Lebensabschnitt nachzudenken, Lucien! Mein einziger Wunsch war, dich zu finden und mit dir wieder durch die Welt zu ziehen! Ich habe stets gehofft, dass dies einmal eintreffen würde! Ach, Lucien!“

Beide Puppen umarmten sich und weinten vor Freude. Sie hatten so vieles gemeinsam erlebt, dass sie sich jetzt nichts mehr sagen konnten. Sie sahen sich nur an und seufzten. Ihrem leisen Schluchzen gesellten sich zwei weitere, so vertraute und geliebte Stimmen! Lucien und Susanne drehten sich zur Tür, sie öffnete sich einen Spalt und zwei grauweiße Wesen streckten ihre Mäulchen heraus.

„Mary Lou! Manuel! Seid ihr auch da?“, lief Susanne ihren alten Freunden entgegen und umarmte sie mit ihren langen feinen Armen. „Ach Lucien, wem verdanken wir diese Freude?“, schüttelte sie die blonden Zöpfe und hob vor lauter Aufregung ihre Büste.

Lucien kam näher, streichelte zart Manuels weiches Fell und fragte fröhlich: „Wie geht es dir, Kleiner? Gehorchst du deiner Mutter oder bist du immer noch so übermütig?“

Das Äffchen Manuel war der Liebling der ganzen Puppengesellschaft. Besonders liebte ihn der schwarze Harry - beide waren sehr gute Partner in der „Banana-Show“. Das Banänchen Nanny wich seinem neuen Freund nicht von der Seite und war sogar in ihn verliebt. Beide hatten es gern Mister Tallyman aufzuschrecken, wenn er dröhnend schnarchte. Mary Lou war sehr zufrieden, dass sich der Puppentruppe immer mehr Artisten anschlossen, die sich gern mit ihrem kleinen Manuel unterhielten. So blieb ihr ziemlich viel freie Zeit - etwas, was sie besonders gern hatte!

„Hopsala, so-so-so! Hopsala, so-so-so!“, sprang das Äffchen wild herum und schmiegte sich dann in Luciens Arme. Mary Lou und Susanne sahen lächelnd beide an und wischten sich die Tränen mit den langen Wimpern.

„Bis jetzt dachte ich, ich träumte, nun habe ich mich überzeugt, dass ich euch tatsächlich höre!“, bewegte sich die resedagrüne Pelerine über dem Kleiderhaken. „Doch sind wir wirklich zu Hause, oder es sieht nur so aus?“, flüsterte eine zarte Stimme. Da sie jedoch keine Antwort erhielt, warf sie die Kapuze zurück und fragte: „Wird mir jemand endlich sagen, was hier los ist?“ Die unglaublich Schöne, die neueste Artistin der Truppe, hob ihr Gesicht über den Rand der Schachtel und senkte ausdrucksvoll ihre gebogenen Wimpern.

Alle sahen sie entzückt an und konnten kein Wort hervorbringen. Sie hatten noch nicht die Gelegenheit gehabt sie kennen zu lernen - sie war fast am Ende ihrer glücklichen Tournee hinzugestoßen und beteiligte sich daran mit einem selbständigen Show-Programm. Sie war wirklich wunderschön - angefangen mit ihrem rosa Hütchen auf den Locken mit der Farbe des Sonnenuntergangs bis zu den Absätzen der resedagrünen Schühchen, in denen ihre graziösen Füßchen steckten!

Erta reckte sich anmutig, erhob sich ein wenig und sah hinunter. Zwei Gedanken hinderten sie an ihrem Vorhaben. „Nein, es wird nicht fein genug sein, wenn ich vor aller Augen hinunterspringe!“, meldete sich der Erste. „Und wenn ich mich nach dem langen Nichstun gar nicht mehr allein bewegen kann?“, warnte der Zweite.

Gerade in diesem Augenblick erschien eine reizende rote Rose an der Tür. Ihre funkelnden Farben spiegelten den Mondschein wider und erfüllten das Zimmer mit glühendem Leuchten. Sie öffnete leicht ihre prächtige Krone und richtete ihr feines Gesichtchen nach oben.

„Erta!“, rief aufgeregt die Rose aus. „Erta!, meine Liebe, du bist es ja! O, wie freue ich mich nur, dich zu sehen!“

„Rosi! Liebe Freundin Rosi!“, streckte Erta ihre Arme und landete mit einem leichten Sprung auf dem Boden. „Die wunderschöne rote Rose und deren Metamorphose!“, sprach sie pathetisch und beide verharrten in ihrer Umarmung.

„Ach, wie schön! Ach, wie schön! Was für eine Empfindung!“, entfaltete Rosi ihre göttlichen Farben und begann zärtlich auf Französisch zu singen: „C’est si bon, cette petite sensation...!”

Beide lachten und erinnerten sich gegenseitig an die artistischen Attraktionen, an denen sie in diesem letzten Monat der gemeinsamen Arbeit teilnahmen. Sie ernteten viel Erfolg und waren glücklich. Dann hörte alles auf... ohne zu wissen warum!

Das Zimmer füllte sich allmählich mit diesen ungewöhnlichen Bewohnern, die kaum einen freien Platz finden konnten. Einige waren aufs Bett geklettert, andere auf den Schrank, dritte standen neben dem Kleiderschrank. Mister Tallyman, distinguiert kostümiert, und mit einem großen roten Ballon in der Hand, hatte es sich auf dem Bürostuhl bequem gemacht und drehte sich vergnügt vor dem dunkelblauen Schreibtisch. Als Letzter stürmte Harry ins Zimmer mit dem kleinen Banänchen Nanny in Armen, das noch nicht ganz wach geworden war. Sobald er sie erblickte, eilte ihnen Manuel mit Freudesschreien entgegen und fiel Harry stürmisch um den Hals. Dieser umfing ihn mit dem rechten Arm, wiegte Nanny in dem linken und rief glücklich aus: „Day-o, day-ay-ay-o!”

„Day-o, day-ay-ay-o!”, erwiderte neckisch eine warme, melodische Stimme.

Verwundert sah sich Harry die ganze Truppe an: Dieser Bariton war ihm nicht bekannt. Die anderen waren auch ziemlich stutzig darüber, wer sich so unbemerkt hereingeschlichen hat. Sie suchten nach dem neuen Helden überall und entdeckten unter dem Bett zwei Puppen in Plastikbeuteln. Sie nahmen sie schnell heraus und befreiten sie von den sie erstickenden Hüllen. O, das waren der Hase und der Wolf - die namenlosen Helden, denen es immer wieder nicht gelingen wollte, aufzutreten.

„Wer von euch beiden sang gerade so schön?“, fragte Harry etwas nervös.

„Das war nicht ich“, brummte der Wolf. „Mein Repertoire ist ganz anders: Retromusik!“

„Dein Repertoire!“, lachte Harry. „Was für ein Repertoire hast du, der du nie aufgetreten bist... du hast nicht mal einen Namen!“

„Da irrst du dich, mein Lieber!“, erwiderte der Wolf selbstbewusst und wandte sich an alle. „Ich möchte mich vorstellen: Wolfi heiße ich mit Namen und bin für eine Kindershow da!“

„Warum haben wir dich jedoch nie auf der Szene spielen sehen?“, trat Mary Lou näher.

„Das ist mein Schicksal“, senkte Wolfi traurig den Kopf. „Mein ganzes Leben lang habe ich mich vorbereitet, ohne mich ein einziges Mal verwirklichen zu können! Für mich blieb nie Zeit, ich bin aber glücklicher als der Hase, denn ich hatte genug Proben und bereitete meine eigene Show vor!“

Alle richteten ihre Augen auf den Hasen in der Erwartung, ihn weinend zu sehen. Aber oh, Wunder: Da strahlte er vor Freude! Seine Kleider waren nagelneu, und er selbst - einwandfrei sauber und frisch!

„Denkt bloß nicht, dass es mir nicht traurig und langweilig war, nicht einmal an einer einzigen Aufführung teilnehmen zu dürfen!“, sträubte der Hase seine langen Ohren. „Aber mein ganzes Leben lang hatte ich die Möglichkeit nachzudenken, ich war außerdem bei euren Proben und habe eingesehen, dass es für jeden einen Platz unter der Sonne gibt, nur müsste er Geduld haben. Ich weiß, dass früh oder spät auch meine Zeit kommen wird und ich den Kindern echte Freude bereiten werde. Und was den Namen angeht, so habe ich mich selbst benannt! Es klingt sehr gut auf Französisch: Lapin! Ja, ich bin der Hase Lapin, bald kommt auch meine Zeit!“

Alle klatschten in die Hände bei so viel Hasenoptimismus und drückten ihm einer nach dem anderen die Pfote, indem sie ihm viel Erfolg in der Zukunft wünschten!

„Bravo! Bravo! Bravo!“, erklang wieder dieselbe Stimme, die vor kurzem auf Harrys Refrain geantwortet hatte. „Meine Glückwünsche, Lapin! Du bist der unglaublichste Artist, den ich je gesehen habe. Deine Geduld ist die größte Rolle, die sehr wenige zu spielen im Stande sind!“

Es trat Schweigen ein! Verdutzt sahen sich die Puppen um und einander an. Wer trieb seine Scherze mit ihnen? Sie hatten sich alle im kleinen Raum versammelt, wussten sehr gut, dass es andere Kollegen von ihnen nicht gab, haben jedoch ganz klar die Stimme gehört, schon zum zweiten Mal! Wie immer in einer prekären Situation ergriff Berta, die nie den Mut verlor, als Erste das Wort. Sie kletterte auf Hans, der sich nach hinten streckte und sie mit beiden Händen langsam nach oben hob.

„Wer sind Sie, mein Herr? Wenn Sie mit uns sprechen wollen, wozu dann dieses Versteckspiel? Treten Sie hervor und stellen Sie sich bitte vor!“

„Ich stehe vor Ihnen, Frau Berta, aber Sie sehen mich nicht!“, antwortete höflich der Unbekannte.

„Und das noch!“, hüpfte Berta vor Empörung, so dass Hans sie mit Mühe in der Luft halten konnte. „Ich habe bei beliebiger Beleuchtung gespielt, außerdem war ich so lange in meiner Schachtel, dass meine Augen im Dunkeln besser als die Augen einer Katze sehen können.“ Sie sprang energisch auf den Boden, wobei Hans’ Rücken knackte. Er stöhnte nicht einmal, sondern richtete sich wie ein Bleisoldat auf und beugte den Kopf, um Berta nicht die Sicht zu versperren. „Übrigens bin ich nicht die Einzige in diesem Raum, damit Sie gerade mich auf den Arm nehmen. Sieht jemand von euch etwas?“, drehte sie sich um ihren Mann, indem sie alle mit ihrem Blick erfasste.

Bevor die anderen etwas erwidern konnten, lachte die unbekannte Stimme gutmütig und antwortete klar und deutlich: „Natürlich sieht mich keiner, da ich unsichtbar bin!“

„Waas?“, riss Berta die Augen weit auf und alle hielten den Atem an. „Unsichtbar?!... Sensationell!“, sah sie Hans an und er duckte sich noch mehr. „So eine Nummer haben wir bis jetzt noch nicht in der Truppe gehabt! Sind Sie etwa ganz neu?... da wir schon lange nicht mehr gespielt haben... vielleicht haben Sie uns in einer modernen Aufführung vertreten... Ja, ich weiß, dass die Zeiten sich geändert haben... Verzeihen Sie, dass ich nicht früher darauf gekommen bin...“, seufzte sie und blickte in die Richtung, aus der die Stimme kam.

Alle anderen starrten in dieselbe Richtung und Mister Tallyman erhob sich sogar von dem bequemen Drehstuhl und stellte sich neben Harry, der mit dem kleinen Manuel und Nanny in den Armen sich nicht von seinem Platz rührte. Lucien und Susanne sahen sich an, nickten Mary Lou zu, die ihrerseits den Kopf zustimmend senkte. Die drei waren die ältesten Artisten, sozusagen, die Begründer, und verstanden sich nur mit einem Blick oder einer Geste. Jetzt spürten sie, dass etwas Ungewöhnliches passieren würde, was sie seit ihrer Geburt noch nie erlebt hatten.

Die Rose öffnete ihre Krone so weit, dass sie nach unten glitt und die Form eines schwingenden Rocks annahm. Dies stellte eine ihrer Metamorphosen dar: sich von einer Rose in ein Mädchen verwandeln! Diese effektvolle Nummer war ein Teil von ihr geworden und sie konnte sich nicht lange zurückhalten sie aufzuführen, wenn sie von etwas besonders beeindruckt war. Erta folgte dem Beispiel ihrer Freundin, legte die langen Beine auf die Stuhllehne, drehte sich attraktiv und klimperte herausfordernd mit ihren langen Wimpern. Dann zog sie die resedagrüne Pelerine aus ihrer Schachtel heraus und warf sie sich mit geübter Geste um, als wollte sie weggehen. Alle waren aufgeregt und ihre Augen funkelten voller Hoffnung, dass etwas passieren würde. Diesmal sonderten sich Wolfi und Lapin nicht von der Truppe ab, sondern traten einen Schritt vor und spitzten neugierig die Ohren.

„Seit langer Zeit beobachte ich dieses Haus“, war die Stimme wieder zu hören. „Ich kenne seine Geheimnisse und bin Zeuge von allem, was hier vor sich geht! Ich meine, dass es an der Zeit ist einzugreifen, denn eure liebe Darina hat keine Kraft mehr diese Situation auszuhalten!“

„Darina?! Tatsächlich, wie haben wir bis jetzt nicht an sie gedacht! Wo ist sie? Warum sehen wir sie nicht?“, schrien alle um die Wette.

„Ist sie etwa auch unsichtbar geworden?“, scherzte Mister Tallyman, aber keiner wollte auf seinen Scherz eingehen.

„Es ist fast so, mein Freund!“, lachte der Unbekannte und fügte nach kurzem Schweigen hinzu: „Verzeihen Sie meine Bemerkung, aber Sie besitzen keine besondere Beobachtungsgabe! Sie liefen ziemlich lange um sie herum, ohne sie zu sehen! Übrigens auch Sie, gnädige Frau!“, wandte sich die Stimme an Berta und sprach weiter: „Ihr Mann kann als Einziger entschuldigt werden, da er kein Auge von Ihnen abwendet!“

„Ich, Darina nicht bemerken!“, staunte Berta aufrichtig. „Wenn sie tatsächlich hier ist und niemand sie sieht, müsste das irgendein neues Szenario sein... oder...“ Sie strengte ihre Augen an und meinte entschlossen: „Warum treten Sie nicht endlich hervor, damit wir uns so unterhalten, wie es sich für Artisten gehört!?“

„Sie haben Recht“, willigte gleich der geheimnisvolle Besucher ein. „Ich habe an alles gedacht und deshalb rief ich euch heute Nacht zusammen!“

Alle schwiegen. Sie waren so erstaunt, dass niemand auf diese Herausforderung reagieren konnte. Erst jetzt wurde es ihnen klar, dass eigentlich etwas Ungewöhnliches geschah! Sie fühlten sich von irgendeiner magischen Kraft bewegt; es fiel ihnen ein, dass sie eigentlich nur Puppen waren, die lediglich dank Darina während der Aufführungen mit Leben erfüllt wurden. Befremdet schauten sie sich um und erstarrten in Erwartung. Es entstand ein bewegendes lebendiges Bild, zu dem man eine musikalische Impression komponieren könnte.

In diesem Augenblick leuchtete der blaue Computerbildschirm auf. Auf seiner Oberfläche breiteten sich leichte Meereswellen aus, die sich, einander jagend, allmählich klärten und beruhigten. In der Mitte der Lichtsphäre bildete sich etwas wie ein Wasserwirbel und zitternde Kreise nahmen dessen Resonanz auf. Ineinander gehende Klänge quollen aus der Tiefe und der Bildschirm tauchte allmählich in seiner dritten Dimension unter. Vor den erstaunten Augen aller Puppen, die zum ersten Mal so einen Trick sahen, erschien die Gestalt eines Mannes, mit einem runden schwarzen Hütchen auf den grauen Haaren. Er trug einen eleganten Astrachanmantel, unter dem der hohe Kragen und das prächtige Jabot seines schneeweißen Hemdes hervorsahen. Der Mann trat leicht nach vorne, stellte sich dem dunkelgrauen Bildschirmrahmen ganz nah und jetzt war nur sein Oberkörper zu sehen. Auf einmal ähnelte er einem gemalten Porträt, das... einigen der Anwesenden bekannt zu sein schien ...

„Jetzt seht ihr mich, nicht wahr?“, wandte sich der Unbekannte freundlich an das verblüffte Publikum und musterte sie langsam einen nach dem anderen. „Nennt mich Dr. Christian!“

„Verehrter Dr. Christian“, neigte sich Erta dem Bildschirm zu, indem sie scharfsinnig lächelte, „erlauben Sie mir, Sie etwas zu fragen!“

„Natürlich, Fräulein Erta, bitte sehr!“

„Ihr Gesicht scheint mir bekannt, aber ich erinnere mich nicht daran, uns irgendwo begegnet zu sein.“

„Ich merke, dass Sie eine gute Physiognomin sind, aber Sie besitzen keine besondere Beobachtungsgabe!“, sah sie Dr. Christian an und musterte die anderen prüfend. „Komme ich jemand anderem bekannt vor?“

„Mir“, verbeugte sich die Rose schüchtern. „Aber auch ich weiß nicht woher!“

Lucien und Susanne konnten auch schwören, dieses Gesicht irgendwo gesehen zu haben - besonders das schwarze Hütchen schien ihnen so bekannt. Mary Lou flüsterte ihnen zu, sie sei auch dieser Meinung, es sei jedoch besser nichts darüber zu sagen. Und sie stimmten zu. Berta hatte ihren Hals in Richtung des Computers gestreckt, konnte sich jedoch an nichts erinnern, Hans zitterte vor Anspannung sich nicht zu verplappern. Mister Tallyman und Harry schoben sich zur Tür, denn sie hatten es nicht gern sich über etwas zu streiten, dessen sie sich nicht sicher waren, und Wolfi und Lapin verfolgten gespannt die ganze Szene. Auf einmal riss sich das Äffchen Manuel aus Harrys Armen, kletterte auf den schwarzen Schrank unter dem Spiegel und begann fröhlich zu hüpfen: „Tprrr, so-so-so! Tprr, so-so-so! Tprr, so-so-so!“

Alle drehten die Köpfe zu ihm und es zeigte auf die Schachtel mit Darinas Medikamenten. Auf der Innenseite des geöffneten Deckels war das Porträt eines lächelnden Mannes mit einem schwarzen Hütchen und Astrachanmantel zu sehen, derselbe wie auf dem Bildschirm.

„Bravo, Manuel!“, rief Dr. Christian. „Du hast mich nie gesehen, trotzdem hast du mich als Erster erkannt! Du bist ja sehr scharfsinnig! Bravo!“

Unter den aufgeregten Helden war nur leises Flüstern zu hören. Erst jetzt wussten sie woher sie das Gesicht von Dr. Christian kannten! Mary Lou zerfloss vor Rührung und warf ihrem Sohn eine Kusshand zu. Er fing sie in der Luft und sprang wieder in Harrys Arme.

„Und jetzt an die Arbeit!“, lächelte noch breiter das Bild aus der Schachtel und versteckte sich unter dem Deckel. „Wie ich euch vor kurzem mitgeteilt habe“, fuhr dessen Computerdoppelgänger fort, „erwog ich, dass es höchste Zeit ist, mich in Darinas Leben konkret einzumischen, denn sie kränkelt schon seit langem und diese Krankheit lässt sich nicht behandeln.“ Und Dr. Christian seufzte: „Ihre geistige ‚Lebenskraft‘ ist verstimmt!“ Dann schwieg er kurz und fügte hinzu: „Deshalb muss die alte weise Regel Ähnliches mit Ähnlichem zu behandeln, die zum Prinzip in meiner Praxis wurde, auch in ihrer persönlichen realen Welt mit voller Kraft angewandt werden!“

Aller Augen starrten auf den Bildschirm. „Ich habe mein ganzes Leben der Medizin gewidmet“, begann er zu erzählen. „Ich liebte die Menschen und wollte nicht nur ihre körperlichen Gebrechen heilen, sondern auch ihr seelisches Leid lindern. So entstand mein Heilverfahren, das ich ganz im Dienste des Menschen anwandte. Ich entwickelte auch viele neue Arzneimittel, die eine wunderbare Wirkung auf den Kranken hatten. Sie vertrieben die Angst und die Verzweiflung, beruhigten den Nachtschlaf, gaben die Kraft und das Gedächtnisvermögen zurück und weckten vor allem Freude und den Wunsch nach guten Taten.“ Die gutmütige, warme Stimme von Dr. Christian wurde leiser und er flüsterte: „Dann war es an der Zeit diese Welt zu verlassen...“ Er erhob seine Stimme wieder: „Aber meine Medizin lebte weiter und sie heilt die Menschen bis zum heutigen Tage! Natürlich kennen sie nicht alle“, lachte er hell auf. „Manche Ärzte wollen sie immer noch nicht anerkennen ... dies hat jedoch keine Bedeutung!“ Er winkte mit der Hand, lächelte seine neue Gesellschaft an und sprach: „Meine Arzneien, als kleine Zuckerkörnchen eingenommen, helfen allen, die an ihre wunderbare Wirkung glauben!“ Bei diesen Worten glänzten seine Augen, er beugte sich nach vorne und erklärte voller Freude: „Wie zum Beispiel Darina!“

Als der Name ihres Lieblings fiel, wurde in allen der Wunsch wach mehr Einzelheiten über diesen mysteriösen Besuch zu erfahren und sie drängten sich vor dem Bildschirm. Manuel sprang auf den Boden, schlängelte sich nach vorn und blieb mit seinem Mäulchen am Bildschirm kleben. Er hatte ein seltsames Empfinden, sagte jedoch nichts, denn in diesem Moment fing Berta ein Gespräch an: „Also Sie sind extra wegen Darina hierher gekommen?“, begann sie aufgeregt. „Würden Sie uns mehr über sich erzählen...?“ Dann flüsterte sie mit fliegendem Atem: „Warum sind Sie unsichtbar?“

„Denn ich bin ein Geist!“, lachte der mitternächtliche Besucher fröhlich und zog sich in sein Bild zurück. „Es sind über 150 Jahre vergangen, seitdem ich meinen Körper, der unter der Erde ruht, verlassen habe und meine Seele zum Himmel auffuhr. Jetzt bin ich hier nach dem Willen des himmlischen Königs, Dem eure Erfinderin eine große Ehrfurcht erweist und durch Gebete Seine Hilfe sucht.“ Er sah alle aufmerksam an und heftete seinen Blick auf Berta. „Sie wollen mich fragen, woher ich Darina kenne?“

„Wie haben Sie es erraten?“, fuhr sie erstaunt auf, da diese Frage sie die ganze Zeit bedrängte.

„Es ist keine schwierige Sache für einen Geist die Gedanken der anderen zu lesen“, antwortete Dr. Christian freundlich und musterte das Äffchen Manuel. „Ich möchte euch jedoch auf die Frage antworten, die alle zu beschäftigen scheint, nicht wahr?“

„O, ja. Wir trauten uns aber nicht, sie Ihnen zu stellen... “, erwiderte Susanne höflich, die eine gute Zuhörerin war und im Unterschied zu Berta selten das Wort ergriff. Lucien verbeugte sich förmlich und setzte hinzu: „Uns interessiert alles, was mit Darina zusammenhängt. Wir warten nun auf Ihre Erklärung!“ Und er verbeugte sich wieder.

„Darina hat mich selbst entdeckt“, teilte plötzlich Dr. Christian mit. „Sie ist äußerst wissbegierig, liest viel und empfindet zu der Medizin eine echte Liebe!“, ließ er seine warme Stimme im Raum erklingen. „Sobald sie die ersten Zeilen über mich gelesen hatte, sagte sie sich gleich, dass ich nämlich der Arzt bin, den sie braucht!“ Bei diesen Worten lächelte er süß, da sie ihm ersichtlich Freude bereiteten, und fügte sachte hinzu: „Und sie hat sich nicht geirrt!“

„Was können wir für sie tun? Und warum haben Sie uns zusammengerufen?“, fragte Harry sachlich, der nie das Wort ergriff, bevor er sich über den Sachverhalt nicht im Klaren war.

„Das ist die Frage!“, erwiderte ergötzt der ungewöhnliche Besucher und sah von dem Bildschirm Harry scharf an. „Denn nur ihr könnt Darina das zurückgeben, was ihr entzogen wurde!“

Es stellte sich langes Schweigen ein. Das Gesprochene war so ungewöhnlich, dass es ihnen fast unwahrscheinlich erschien. Wie könnten bloß Puppen ihrer Erfinderin etwas zurückgeben, das sie ihr nicht weggenommen haben? Sie wüssten nicht mal wo dieses Etwas zu finden war; noch weniger waren sie im Stande sich denjenigen gegenüber zu behaupten, die wahrscheinlich Darina beraubt haben, sie, welche die Puppen leitet, bewegt, belebt! Nein, das war völliger Unsinn oder Witz?!

„Was hat man ihr weggenommen?“, trat besorgt Mister Tallyman nach vorne mit in den weißen Handschuhen geballten Fäusten.

„Ihren Namen!“, sah ihn Dr. Christian viel sagend an und wiederholte leise: „Ja, ihren Namen!“, und sprach mit gefühlvoller Stimme: „DARINA!“Sein Blick wurde tiefer und ein wenig traurig, als er mit leichtem Lächeln die folgenden Worte aussprach: „DUH (GEIST), ATMOSPHÄRE, RADOST (FREUDE), ISKRA (FUNKE), NADESCHDA (HOFFNUNG), ARTISTIK! - alle diese von Gott gegebenen Leben spendenden Elemente sind ihr weggenommen worden!“

„Wer hat es getan?“, flüsterte Erta entsetzt. „Dies ist so grausam!“

„Wer hat den Namen DARINA gestohlen?“, fragte Harry aus nächster Nähe und drückte die kleine Nanny noch stärker in seinen Armen.

„Wer?“, kamen auch die anderen näher.

„Martian, ihr Mann, oder Mortelian, wie sie ihn auch nennt“.

„Mortel bedeutet todbringend!“, sprach Lapin begeistert, da er ziemlich viele Französischkenntnisse gesammelt hatte und sie zum ersten Mal in seinem Leben anwenden konnte.

„Richtig“, streifte ihn Dr. Christian mit einem Blick. „Todbringend, schrecklich, unerträglich! Er will die Hauptperson in Darinas Leben spielen und vernichtet alles, was ihr Gemüt erfreut. Die beklemmende Atmosphäre vermochte ihr Herz zu brechen, jeden Wunsch nach persönlichem Auftreten zu unterdrücken und den letzten Funken ihres künstlerischen Geistes auszulöschen. Das, was Mortelian als besonders qualvoll empfindet, ist Darinas Freude!“, flüsterte der nächtliche Besucher und zog bedeutungsvoll seine Augenbrauen in die Höhe. „Ich verfüge über die ganze Anamnese seiner Krankheit, die ich nach persönlicher Beobachtung aufgenommen habe. Sie würde Streit und Einwände in den medizinischen Kreisen auslösen, die Wahrheit ist jedoch, dass viele Ärzte von heute ihre Aufmerksamkeit dem konkreten Leiden des Patienten und nicht der Ursache dafür widmen. Sie stellen zum Beispiel eine Senkung des Hämoglobins oder Erhöhung des Cholesterinspiegels fest, unternehmen die entsprechende Behandlung, dem Menschen geht es trotzdem nicht besser, denn seine Seele bleibt isoliert, sie ist aber diese, die sein Ego, d. h. das persönliche Ich bestimmt. Sie birgt in sich zahllose Emotionen, die aber in dem angeführten medizinischen Fall unberücksichtigt bleiben, da sie sich einer chemischen Analyse entziehen. Und gerade diese Emotionen können zu Reaktionen unterschiedlichen Charakters führen, besonders bei sensiblen Individuen.

Bei manchen Typen wie Mortelian werden die Emotionen von einer wechselnden Stimmung gesteuert, die einem Überraschungen jeglicher Art bereiten kann. Dies ist für ihn selbst entspannend, wirkt sich jedoch tödlich auf diejenige aus, der das schwere Los beschieden ist, seine Frau zu sein. Beleidigungen, Ungerechtigkeit, ständiges Unzufriedensein, plagende Eifersucht haben in Darina diese qualvolle Unruhe ausgelöst, die zu voller Niedergeschlagenheit, Herzrhythmusstörungen und dem Empfinden für einen nahenden Tod führten.“ Dr. Christian schwieg, die Augen halb geschlossen. Er merkte, dass er sich von seinem Monolog hatte hinreißen lassen und ein für Puppen ziemlich unbekanntes Thema berührte. Alle hörten aber stumm zu. „Deshalb müssen wir“, fuhr er fort, „unserer lieben Darina helfen und sie aus dieser fatalen Situation retten.“

„Lasst uns handeln!“, trat Harry hervor.

„Nicht so eilig, Harry, wir haben noch nicht alles überdacht“, mischte sich Berta sofort ein. „Wir haben noch kein fertiges Szenario...“

„Du meinst keinen Handlungsplan!“, unterbrach sie Harry abrupt und sein grüner Blick durchbohrte den Bildschirm. „Wir hören Ihnen zu, Dr. Christian!“

„Unsere Hauptaufgabe ist in der Codebezeichnung DARINA fixiert! Dies bedeutet nämlich ihren niedergeschlagenen Geist stärken, eine für künstlerisches Schaffen angenehme Atmosphäre sichern, sie dazu bewegen das zu machen, was ihr Freude bereitet, den Funken der Hoffnung anzünden und zum Schluss...“

„Also es heißt zur Attacke blasen!“, rief Berta begeistert aus, da sie darauf brannte, Dr. Christians Formel zu Ende zu führen.

„Man könnte es auch so sagen“, lachte er über das ganze Gesicht. „Ihr habt Recht, dass wir die Wirklichkeit zu attackieren haben, um den Artisten zu retten!“

„Auf welche Weise?“, meldete sich Susanne vorsichtig.

„Indem wir in Darinas Gedanken eindringen und ihre Fantasie herausfordern.“

Es war schwierig die Tiefe des Schweigens zu ermessen, das den ganzen Raum füllte und sich auch in die Computersphäre einschlich. Keiner traute sich die Frage nach dem Wie zu stellen, denn sowieso stellte sich der Weg zum Ziel als ziemlich unerklärlich heraus. Manuel nutzte die eingetretene Stille aus, um seinen Ausruf an den Besucher auf dem Bildschirm zu richten, da er schon vor langer Zeit etwas Seltsames entdeckt hatte. Den Bildschirm mit seinem Mäulchen berührend, spürte er kein Hindernis und drang ohne Widerstand darin ein. Niemand sah das, da alle Dr. Christian anstarrten und bemüht waren, keines seiner Worte zu versäumen. Der kleine Schelm war von seiner Entdeckung einfach bezaubert und nachdem er sie mit seinen vier Gliedern getestet hatte, entschloss er sich mit dem ganzen Körper hineinzuschlüpfen. Das alles entging natürlich Dr. Christian nicht, von den anderen blieb es jedoch unbemerkt. Jetzt sprangen sie wie gestochen auf - ihre Überraschung war zu stark! Das Äffchen winkte mit der Pfote aus dem Computer, hielt den ungewöhnlichen Besucher bei der Hand und begann vor Freude zu hüpfen.

„Manuel hat schon wieder seine Beobachtungsgabe gezeigt!“, lobte ihn Dr. Christian begeistert. „Er hat auf eure Frage eine anschauliche Antwort gegeben.“ Dann sah er sie der Reihe nach an und flüsterte geheimnisvoll: „So müsste es laufen! Bitte kommt zu mir!“

Sie wollten ihren Augen nicht trauen, drängten sich nach vorne, aber niemand wagte das Glas mit dem Kopf zu durchbrechen, zumal es ihnen unmöglich schien, dass alle in diesen kleinen Kasten hineinpassen könnten. Und doch war Manuel darin eingetreten. Aber wie?... Plötzlich ging Harry entschlossen dem Bildschirm zu, bereit alles für Darina zu riskieren, und fand sich, mit Nanny auf den Armen, mühelos auf der anderen Seite ein. Manuel schrie vor Freude und warf sich auf seinen Rücken. Mary Lou überwand jede Schüchternheit und trat, zu Tränen bewegt, in den Computer ein, so wie man ein Zimmer betritt. Die anderen folgten ihr. Und seltsam, es gab genug Platz, sogar mehr als im Zimmer. Das Empfinden war so ungewöhnlich, dass keiner sich ganz von diesem nächtlichen Abenteuer erholen konnte.

„Hier sind wir alle versammelt“, sprach Dr. Christian gutmütig. „Jetzt erkläre ich euch worauf es mir ankommt.“

Es war nur das Atmen zu hören, während die folgenden Worte sich aneinander reihten: „Ich bin ein Geist, habe keinen Körper und bin unsichtbar. Ihr seid Puppen, besitzt materielle Körper, seid sichtbar, verfügt aber über keinen Geist. Wenn ich euch berühre, wird mein Geist auf eure Körper übertragen und ihr werdet zum Leben erweckt! Ich meinerseits kleide mich durch euch in Materie und verwirkliche auf diese Weise meine Vorhaben, d. h., ich werde für die menschlichen Augen sichtbar. Das ist das Wunder, das wir zusammen vollbringen werden, ist es klar?“ Alle starrten ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er sprach weiter: „Berta hatte Recht, als sie sagte, dass ihr kein fertiges Szenario habt. Natürlich, wir werden nach dem von mir entworfenen Plan handeln, der all unsere weiteren Handlungen einschließt. Um uns aber in Darinas Gedanken einschleichen zu können, brauchen wir ein Szenario!“ Sein Blick blieb auf Berta haften, deren Wangen vor Aufregung glühten, dann nickte er mit dem Kopf zu Lucien und Susanne - ihre lange artistische Erfahrung war gerade jetzt besonders nützlich. Er lächelte die schöne Erta an und winkte alle zu sich. Sie umkreisten ihn und saugten förmlich das von ihm Gesagte auf.

„Alles wird so verlaufen“, sprach langsam Dr. Christian, „wie wir es ausdenken und dann Darina vorschlagen. Wir senden ihren Gedanken kleine Dosen unserer Fantasie zu, die als Szenario dargereicht wird. Dies wird allmählich in ihr den Wunsch nach Arbeit wecken, die das einzige Heilmittel gegen Depression ist. Das Prinzip ‚Dem Ähnlichen mit Ähnlichem‘ muss die Grundlage für jedes von uns durchgeführte Vorhaben sein. Wir greifen jedes Element der Formel der gestörten menschlichen Beziehungen an“. Die letzten Worte sprach er besonders akzentuiert aus und sah dabei Berta an. Und nach einer kurzen Pause sagte er leise: „DARINA!“

Keiner konnte mit Sicherheit sagen, wie viel Zeit verflossen war, seitdem sie diesen Dialog führten. Der Mond wurde blasser und musste sich mit Widerstreben von diesem wunderlichen nächtlichen Spektakel verabschieden. Mit tiefem Seufzer drehte er sich um seine Achse und tauchte in den Wolken unter. Sie nahmen seinen silbernen Abglanz auf und streuten dämmriges Licht über die Erde. Draußen wurde es schon Morgen.

„Es ist an der Zeit sich zu verabschieden“, brach Dr. Christian das Schweigen. „Zu Mitternacht aber kommen wir wieder zusammen!“ Da sich niemand von seinem Platz rührte, sah er sie ein bisschen verwundert an und bemerkte erst jetzt in ihren Augen einen verhaltenen Schmerz und Angst vor dem Ungewissen. Die lieben, reizenden Puppen! Sie haben so lange auf diesen Augenblick gewartet und wollten jetzt auf keinen Fall zurück zu den alten Plätzen - dies würde bedeuten, sich vielleicht für immer von ihrem Traum zu verabschieden ... Und seltsam: Alle haben die eine Hand dorthin gelegt, wo das menschliche Herz schlägt - sie hatten eine ungewöhnliche Bewegung gespürt, die in sie hineinkroch. Dr. Christian beobachtete gerührt diese wundersame Veränderung, eine Metamorphose, die nur er verstand und sprach mit viel Wärme und Liebe: „Um Mitternacht treffen wir uns hier, um den Anfang von etwas genauso Ungewöhnlichem wie Schönem zu setzen. Ihr verspürtet jetzt selbst einen Schmerz in euren Herzen und könnt noch besser den Zustand von Darina begreifen, denn eine Sache kann nur dann verstanden werden, wenn man sie persönlich erlebt hat!“ Sein Blick ging in die Runde und er sprach weiter: „Euch steht viel Arbeit bevor, so viel, wie ihr euch kaum vorstellen könnt! Und noch etwas: Keine Puppen bisher haben solche Aufgaben bekommen wie die, die euch jetzt aufgebürdet werden!“ Er sah sie durchdringend an und flüsterte lächelnd: „Und jetzt alle an ihre Plätze bis Mitternacht!“

Ohne ein Wort, nicht mal einen Laut von sich zu geben, drehten sich die mitternächtlichen Gäste um und verließen einer nach dem anderen den Computer. Dr. Christian hatte ihr Vertrauen gewonnen und jetzt glaubten sie unumstößlich an seine Worte. Bevor sie ihre gewohnten Plätze einnahmen, drehten sich alle noch einmal zum Bildschirm um und winkten zum Abschied! Das lächelnde Bild sah sie an, nickte leicht mit dem Kopf und begann langsam in der Tiefe zu verschwinden; die sich jagenden Laute gluckerten, breiteten sich über die ganze Sphäre aus und schreckten deren Helligkeit auf; sie versuchte noch einmal aufzublitzen, wich dann schläfrig vor der dunklen Welle zurück und verbarg sich hinter ihr. Der Bildschirm erstarrte in seinem dunkelgrauen Rahmen, an dem das rote Zünglein des stets wachenden Lämpchens huschte. Das ganze Zimmer füllte sich mit der schon vergehenden nächtlichen Stille.

Erst jetzt wagte es die Morgendämmerung durch den Spalt der Jalousien hineinzuschauen, erblickte jedoch nichts anderes als ein ganz gewöhnliches Wohnzimmer. Sie glitt neugierig um das ganze Haus und schlich sich durch das gegenüberliegende Fenster hindurch. Eine dicke smaragdgrüne Kerze verbarg ein schalkhaftes Flämmchen in sich, das versuchte, sich ihrer silbernen Umarmung zu entziehen. All seine Bemühungen waren umsonst, denn je höher es an diesem glatten Reifen kletterte, desto tiefer sank es. Von dem langen Spiel müde und gelangweilt, blinzelte das Flämmchen in der Morgendämmerung und zischte gereizt. Die Kerze liebkoste es mit ihrer ganzen Wärme und wiegte es in ihrer Umarmung in den Schlaf. In diesem Augenblick bewegte sich ein dunkler Schatten im schwarzen Sessel, streckte leicht die Arme in die Höhe und richtete sich auf. Um sie herum zeichneten sich undeutlich die Umrisse der Möbel und des großen Gummibaums ab. Leise wurde die elektrische Lampe angeknipst und das gedämpfte gelbliche Licht breitete sich dezent über die Wände und die Decke.

„Sechs Uhr und achtzehn Minuten morgens!“, flüsterte die Frau in Schwarz. „Ist es möglich, dass so viele Stunden verflossen sind, ohne es zu merken?!“ Sie wollte sich die Augen reiben und sah erst jetzt die schwarzen Handschuhe an ihren Händen. Irgendwie verwundert sah sie sich die abgeschnittenen Fingerspitzen an... dann begann sie sie langsam abzustreifen. Sie nahm die Kapuze ab, steckte die Handschuhe hinein, knüllte alles zu einem Knäuel zusammen und tat ihn auf den Lederhocker. Dann begann sie träge die Hose und die Baumwollbluse auszuziehen, faltete sie zusammen und warf sie über die Kapuze. Seltsam erschien ihr der Gedanke, dass die Stunde, in der sie sich so verkleidet hatte, längst vorbei war und schon zu „gestern“ gehörte. Der neue Tag brach an und an seinem frühen Morgen begab sie sich ins Schlafzimmer, um zu schlafen so lange es ging. Das wiederholte sich Jahr für Jahr: Ihr Lebensrhythmus könnte als „umgekehrt programmiert“ bezeichnet werden!

„Es wäre gut, die Jalousien hochzuziehen“, lächelte sie bitter. „Auf diese Weise bekommt der Gummibaum ein bisschen Tageslicht, das mir so oft fehlt!“

Vom Wohnzimmer über ihr war das Geräusch hochgezogener Jalousien zu hören. „Rita ist also schon auf, sie duscht sich und geht in einer halben Stunde zur Arbeit... ich dagegen...“ Sie zog den Morgenmantel an und begann die Jalousien hochzuziehen, als wollte sie den morgigen Nachbargruß erwidern.

Draußen dämmerte es. Es war so aufregend, zu dieser frühen Stunde munter und ausgeruht aufzuwachen und sich für die Arbeit fertig zu machen wie Rita!

„Eines Tages werde ich auch mein Leben so organisieren können!“, dachte Darina und ging nach draußen, um frische Luft zu schöpfen, bevor sie unter die Decke schlüpfte. Die Wohnung lag im Parterre und vor der geräumigen Terrasse schimmerte weiß eine weiche Schneedecke. Auf einmal fiel ihr die „Schneetherapie“ ein und sie watete mit nackten Füßen in den Schnee hinein. Im ersten Moment wusste sie nicht, ob das „Verbrennen“ kalt oder heiß sei, aber nach einigen Sekunden lief sie schon ins Bad und begoss ihre Füße mit warmem Wasser. Nachdem sie diese abgetrocknet und gründlich gerieben hatte, beschloss sie die Prozedur zu wiederholen, da etwas sehr Freudiges in ihrem Herzen flackerte; sie traute sich jedoch immer noch nicht, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen! Sie machte wieder ein paar Schritte im Schnee entlang den Terrakottafliesen, da sie die zarte Oberfläche aus unzähligen Schneekristallen, unter denen der ganze Garten ruhte, nicht zerstören wollte. Bevor sie ins Bett ging, schaute sie in den kleinen Kirchenkalender, dann nahm sie ihr Tagebuch und trug die folgenden Zeilen ein:

Montag, den 25. Februar, 2002.

In der vergangenen Nacht wurde die Idee für mein zukünftiges Buch ‚Wenn die Puppen nicht schlafen‘ geboren! Ich mache Gebrauch von Shakespeares Formel: Intrige, Magie, Befremden! Gib mir, mein Gott, viel Fantasie und schöpferische Kraft. Hilf mirein schönes Buch für die Kinder zu schreiben. Amen.“

Sie kroch unter die Decke und überließ sich mit schwerem Kopf der Macht des körperlichen Schlafes. Ihre unruhige Seele blieb jedoch wach und erzitterte bei den galoppierenden Erinnerungen, die sie zurück in einen Sommermorgen des Jahres 1986 versetzten...

 

 

© Tania Schellhorn
© Zlatka Parpulova, übersetzung
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© E-magazine LiterNet, 29.07.2006, ¹ 7 (80)

Other publications:
Tania Schellhorn. Darina. W. Tarnowo, 2005.